+++ persönliches Logbuch, Eintrag 1 +++

Seit ich die Nachricht an Vid abschickte, hatte ich viel Zeit, mich mit Dingen zu beschäftigen, die ich bisher als nebensächlich betrachtete. - Leider, muß ich sagen, leider...

Viel zu lange bin ich einfach meinen Neigungen und den Anweisungen des Rates der Wissenden gefolgt. So habe ich fast nie bemerkt, wie sehr sich unsere Welt von dieser hier abgrenzt.

Die strengen Regeln und Anweisungen - wirklich frei bewegen kann sich niemand aus der Kaste der Reisenden. Wir dürfen noch nicht einmal die selben Orte mehrmals aufsuchen. (Seit einigen Jahren tun wir es, trotz aller Verbote. Es ist teilweise mit großen Schwierigkeiten verbunden und verlangt viel Vorsicht...) Doch - nach logischen Gesichtspunkten sind diese Regeln unbedingt notwendig.

Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte hat die Föderation etwas in diesem Quadranten geschaffen, das ich mit Kontinuität bezeichnen möchte. Immer und überall begegnet man den Menschen mit ihrer seltsamen Kultur. Sie tragen sie in alle Winkel ihrer Welt. - Und wir sollen tatsächlich diese Kontakte meiden und uns weiterhin den vorindustriellen Kulturen widmen! Kann man die starken Imperien denn einfach ignorieren?

Viel Zeit bleibt hierfür nicht, da sich die Daten überschneiden. Zwar verläuft die Zeit auf Letoxa Prime konstant zu der in dieser Welt, doch jeder Übergang verursacht einen nicht vorher zu bestimmenden Rücksprung. Nur wenn wir uns abseits halten und unseren Aufenthalt mit dem Star-Date abstimmen, können wir problemlos hier verweilen. - Wie soll man so Freundschaften schließen und Kontakte knüpfen?...

 

+++ persönliches Logbuch, Eintrag 2 +++

Ich blieb mit meiner Schwester einige Zeit auf Bajor. Eigentlich wollten wir schon viel früher nach Vulkan, aber sie war so fasziniert von der Lebensweise der Bajoraner, von der Landschaft, einfach von allem.

Es ist ihre erste Reise. Was habe ich erwartet? War ich nicht ebenso - damals, als mein Großonkel mich das erste mal begleitete und einwies?

Was weiß der Rat denn schon vom Drang eines Neulings, die Welten nach seinem eigenen Empfinden zu bereisen?...

***

Ferner zalkonianischer Freund!

Mit Deiner Erlaubnis habe ich die anderen Dateien mit deinem Code geöffnet. Sie gehören Freunden von Dir, mit denen Du Deine Erlebnisse teilst. Seltsame Freunde und seltsame Erlebnisse...

Es steht mir frei, ebenfalls mit ihnen Kontakt aufzunehmen. - Ich weiß nicht, ob ich es wirklich tun sollte.

(Und ich weiß inzwischen, daß sie jedes Wort an Dich mitlesen. Nun ja, wenn sie mich also für einen Feigling halten sollten, kann ich damit leben. Was wissen sie schon...)

Ich sitze derzeit auf Vulcan etwas tatenlos herum, weil Torana allein unterwegs ist, mich regelrecht abgehängt hat. So habe ich mich zwar endlich durchgerungen, ein paar Worte an Deine Freunde zu richten, sie aber noch nicht abgeschickt. Es fällt mir sehr schwer, da ich niemanden von ihnen kenne. - Und was sollen sie von einem Fremden halten, dem es vorerst verwehrt ist, seine Herkunft zu offenbaren?...

 

Inzwischen entdeckte ich eine ältere Datei von Dir, die für Deine Freunde bestimmt war. Es ist seltsam, über Deine Reisen zu lesen. Sie verlaufen so völlig anders als meine. Deine Schilderungen über diesen "Q" haben mich reichlich verwirrt. Zum einen, weil ich noch nie etwas von ihm gehört habe, obgleich ihn hier jeder zu kennen (und zu hassen) scheint; zum anderen, weil ein so mächtiges Wesen dermaßen gedankenlos und unberechenbar in Geschehnisse eingreift...

(Nein, solch ein Abenteuer möchte ich mir im Moment gern ersparen.)

Du führst ohnehin ein unruhiges Leben. - Und dann kam ich aus den Weiten des Alls daher und habe Dich zu einer aufregenden Reise eingeladen! - Cousin Ictar, so begann damals unser erstes gemeinsames Abenteuer auf Tara II...

Nie zuvor traf ich ein Wesen, das meine Sehnsüchte so gut verstand wie Du. - Eines Tages wirst Du unsere Welt sehen, das verspreche ich Dir!

Seltsamerweise hatte ich damals keine Bedenken, Dir meine Herkunft zu offenbaren. Du hattest meine Tarnung ohnehin durchschaut...

 

Meine Güte! Torana hat ein Portal mitten in mein Zimmer geöffnet, ihr erstes! - Stundenlang hatte sie es in den letzten Tagen erfolglos probiert. Es ist überaus anstrengend und erfordert absolute Konzentration. So geschah es auch, daß sie zwei mal ohnmächtig in meine Arme sank, während sie das Ziel fokussierte. (Den wenigsten von uns gelingt das nach so kurzer Zeit.)

Sie ist unmöglich! Ein Portal zwischen zwei angrenzenden Zimmern zu schaffen!! Aber das sieht ihr irgendwie ähnlich...

Freudestrahlend und völlig erschöpft steht sie jetzt in meinem Zimmer, gleich wird sie mir sicher um den Hals fallen...

 

Ich muß etwas erklären, denn offensichtlich werden diese Zeilen, nachdem ich sie abgeschickt habe, allen Deinen Freunden zugänglich.

Das ist eine völlig neue Situation für mich. Aber wenn mich das schon verunsichert, wie können wir es dann unserem Volk zumuten, sich zu öffnen...

Diese Portale oder Türen, die wir zu öffnen in der Lage sind, stellen eine Art von Wurmloch dar. Sie verbinden beliebige Orte im Raum und verkürzen die Entfernung auf nur einen Schritt.

Wir sind schon seit sehr langer Zeit dazu in der Lage und haben die technischen Komponenten dafür immer weiter entwickelt. So einfach wie Du es sich Dir machst, ist es aber für mich nicht. Ohne meine technische Ausrüstung müßte ich mit Hilfe von Raumschiffen reisen, könnte also keinerlei Portal mehr öffnen. Allerdings kann ich mich, komplett ausgerüstet, Dank der genauen eingespeicherten Sternkarten besser räumlich orientieren...

Du, zalkonianischer Freund, warst die erste Person, die meine Tarnung durchschaute. Mag sein, daß es für ein Energiewesen einfach ist. (Bisher bin ich nur noch nie persönlich solch einer Spezies begegnet.) Wir Reisenden sind mit Holoprojektoren ausgestattet. So können wir jegliche Gestalt vortäuschen, die nicht kleiner als unsere eigene ist. Wir bewegen uns unauffällig unter den Völkern, beobachten, lernen und haben Anteil. Dieses Leben verlangt gewisse Voraussetzungen und Regelungen. Seit Jahrtausenden befolgen wir sie gewissenhaft und lernen so durch die Begegnung mit anderen Kulturen mehr über uns und unsere Wurzeln. Einfluß nehmen dürfen wir nur in geringem Ausmaß. Nach jeder Reise müssen wir einen Zyklus zu Hause verbringen. In dieser Zeit werden unsere Erfahrungen gespeichert und bewertet und vieles mehr. Auch widmen wir uns weiteren Studien. - Toranas Aufnahme in die erste Stufe unserer Kaste ließ mich eine Reise aussetzen, darauf folgte dann aber diese verflixte Pause, während der sich unsere Welt in sich zurückzieht. So entstand eben tatsächlich eine Spanne von drei Zyklen. Ich konnte nicht weg! (Für meine Schwester nahm ich das gern in Kauf, so hatte ich außerdem viel Zeit, mich mit den derzeitigen Fragen unserer Gesellschaft zu befassen...)

Einige wenige von uns erhalten das Privileg, zu Förderern ernannt zu werden, wenn sie entsprechende Charakterzüge haben oder entwickeln. Nach einigen Reisen und Ausbildungsjahren entscheidet der Rat in jedem einzelnen Fall darüber.

Ich muß zugeben, daß ich immer zu angepaßt war, um jemals ein Förderer zu werden. Mir liegt es mehr, unauffällig in einem kleinem Kreis mit anderen zu leben. (Nur meine erste Reise verlief, den Traditionen gemäß, anders. Alle weiteren, es waren bisher weitere 18, verlebte ich in vorindustriellen Kulturen.)

Meine Schwester ist völlig anders, sie sieht oft schon nach kurzer Zeit Zusammenhänge, die ich nicht bemerke. Sie hinterfragt, verwirrt, regt an. Vermutlich wird sie schon vor ihrer vierten Reise, wenn sie die zweite Stufe erreicht, diese Privilegien erhalten. Dann kann sie frei entscheiden und die Kaste der Reisenden verlassen, um zu den Förderern, den TamoNi, aufzusteigen...

Ihr Interesse gilt derzeit vor allem den technisierten Völkern, meinen Neigungen wird sie also gar nicht folgen. Ein Förderer kann in diesen Welten einiges bewirken, was seine Aufgabe zusätzlich erschwert..

 

Ich denke, daß ich genug geschrieben habe.

 

Viel Grüße sendet dir Matano