+++COM-LOG, 6.1. [ 20 ] +++ STARDATE 49822,7

Ich habe eine äußerst interessante Reise hinter mir. - Ich bin diesmal meinem Forscherdrang gefolgt und habe diese Dyson-Sphäre besichtigt! - Viel Zeit hatte ich nicht, aber es war auch nicht meine Absicht, großartige Nachforschungen dort zu betreiben. Andere werden mir folgen und sich der Sache annehmen.

Zunächst hatte ich ja gehofft, dort Spuren meines Volkes zu finden, Spuren aus der Vergangenheit der alten Welt. Doch eine andere hochentwickelte Spezies erbaute dieses Objekt. Die Bewohner zogen fort als das Zentralgestirn zu instabil wurde...

Inzwischen waren einige Forschungs-Teams der Föderation hier, haben die Datenbanken durchstöbert und Geräte installiert. Noch ist die Sphäre bewohnbar, wenn man die Kontinente auf der Innenseite meidet und sich im Innern der Hülle aufhält.

Die ehemaligen Bewohner haben ihre Welt nicht eilig verlassen, denn sie nahmen nahezu alles mit. Zurück blieb lediglich die leere Hülle einer fremden Zivilisation, deren Spuren sich in der Weite des Alls verlieren.

Mein Volk dagegen mußte fliehen. Die Zeit war knapp und die Wissenschaftler arbeiteten fieberhaft an einer Möglichkeit, möglichst viele zu retten. - Milliarden gingen damals den Weg in die unbekannte Ferne, Milliarden blieben - wir fanden keine Spuren mehr von ihnen...

Mein Volk selbst lebt seitdem außerhalb all der Welten, die wir seit Jahrtausenden erforschen. Vielleicht wären wir heute anders, wenn der letzte verzweifelte Schritt nicht so weit gewesen wäre. Meine Vorfahren hatten wohl keine Wahl - ALLES erschien besser als das Verbleiben in der Heimat.

Unsere alte Heimat ist nunmehr nichts weiter als ein toter Planet. Wir Erfahrungen Suchenden haben dort eine Station eingerichtet, tief im Innern, verborgen vor allen uns bekannten Sensoren.

 

+++COM-LOG, 6.2. [ 20 ] +++ STARDATE 49902,3

Heute erreichte mich auf gesondertem Weg eine persönliche Mitteilung von Vid. Sie (tatsächlich!) gehört jetzt offiziell zur Besatzung eines Sternenflottenschiffes, ist als Ärztin tätig. Nun ja, ob sie es lange aushalten wird, wage ich zu bezweifeln - lag sie mir doch nach unseren ersten Abenteuern dauernd in den Ohren, solche zu wiederholen...

Aber die dauernden Zeitsprünge beunruhigen mich doch etwas, aber noch mehr beunruhigt mich die Art und Weise WIE Vid damit umgeht und auch noch darüber schreibt! Irgend etwas fehlt in ihrem Leben, zwar sollte ich mit darüber nicht den Kopf zerbrechen - aber sie steht mir näher als irgendeiner hier in diesem Teil der Galaxis!

VID, auch wenn Dir alles egal zu sein scheint, Du keinen Sinn in den Dingen rings um dich zu erkennen magst, Du solltest eines berücksichtigen: Es ist NICHT mehr Deine Welt - beurteile sie nicht so streng. Nicht jeder wird Deinem Weg folgen können. Nicht einmal mein Volk ist in dieser Art und Weise dazu fähig. Betrachte es als Laune der Evolution, einen Versuch, etwas Neues zu schaffen. - Klarkommen mußt Du damit dann schon allein.

Aber ich denke, daß früher oder später einige Deines Volkes den gleichen Weg gehen und somit unweigerlich die gleichen Probleme haben werden - Ihr werdet daran WACHSEN!

(Aber bitte, BITTE - kommt nicht alle und wollt auch mit mir zwischen den Welten herumspringen!!!)

Koste Dein neues Dasein aus, lerne es kennen. Und dann berichte den Deinen davon - von den unendlichen Möglichkeiten aber auch von den Verwirrungen...

Keine Lebensweise ist nur schön und angenehm. Zufriedenheit auf der einen Seite schafft Unzufriedenheit auf der anderen.

Mein Volk ist alt, gehört mit zu den ältesten Zivilisationen, die aus diesem Zeitalter entstammen - wir hätten zufrieden sein können, hatten eigentlich alles erreicht. Und doch strebten wir nach mehr. Ich möchte es nicht etwas HÖHERES nennen. Einem anderen Volk könnte es profan oder überheblich vorkommen, sich um andere Kulturen zu sorgen...

Die Kaste der Reisenden entstand in ihrer heutigen Form allerdings erst in unserer neuen Welt.

 

+++COM-LOG, 6.3. [ 20 ] +++ STARDATE 49.117,3

Ich erhielt beunruhigende Informationen...

Die BORG haben die Erde erneut angegriffen und gingen diesmal ungewöhnlich vor. Anfangs dachte ich, daß dies tatsächlich etwas mit dem Verschwinden bzw. Assimilieren meiner Schwester zu tun habe, sah schon in Gedanken den Untergang der Föderation und des gesamten Quadranten...

Doch der Angriff endete so rasch wie er begann - überraschend und ebenso ungewöhnlich!

Desweiteren veränderte sich die Zeitlinie, so wie ich sie auf meiner letzten Reise sah: Die Schiffe der Sternenflotte waren NICHT anwesend, als der Kampf um die Raumstation Deep Space 9 herum begann. Alles veränderte sich somit - der Angriff der Borg bewahrte ein ganzes Sternensystem vor der Vernichtung, welche durch die Sprengung der bajoranischen Sonne unweigerlich geschehen wäre.

Im eigenen Interesse suchte ich in den zugänglichen Datenbanken der Föderation nach Informationen zu diesem Vorfall.

Ich denke, daß ich das, was ich fand, nicht wiederholen brauche - jeder von euch wird es kennen.

Aber auch andere Informationen fand ich dort, sie betreffen einen Borg, dem Crewmitglieder der Enterprise den Namen Hugh gaben. Dieser entwickelte letztlich ein eigenes Bewußtsein, war in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen und er stellte sich sogar gegen Locutus - um seinen FREUND zu schützen!

Die Geschichte geht weiter - ich will nicht zuviel aus Dateien wiedergeben...

Sind diese Borg die Zukunft dieser Spezies oder eine Variante? (Gibt es möglicherweise MEHR von diesen gestrandeten Gruppen???) Sind sie auf Dauer als Individuen lebensfähig oder werden sie früher oder später WIEDER eine Art Kollektiv aufbauen?

Das alles aber bewog mich nur um so stärker, mehr über diese Spezies in Erfahrung zu bringen.

Nein, ich hielt mich nicht für so stark oder clever, mich dem Einfluß einer Assimilierung widersetzen zu können. Deshalb wählte ich einen völlig anderen Weg. Ich wollte verstehen lernen, wie Borg denken und handeln. Da in unseren Kommunikationskanälen seit einiger Zeit ein Borg auftaucht, entschloß ich mich, mit IHM Kontakt aufzunehmen...

Großzügiger weise gestattete mir Michael tatsächlich, einige Zeit in seiner Nähe zu verbringen. Anfangs war ich sehr unsicher, DIESE Art des Kontaktes hatte ich nie erlernt. Doch ich fühlte mich in der Lage, dem zu begegnen.

 

+++COM-LOG, 6.4. [ 20 ] +++ STARDATE 50223,8

Ich bin noch nicht zurück von dem, was Michael jetzt sein Zuhause nennt. Er wird wohl dort bleiben. - Manche von euch mögen meinen, daß es die falsche Entscheidung ist...

Meine Erlebnisse waren bisher vielschichtig, informativ und recht ungewöhnlich, ja überraschend!

So laßt mich etwas von dieser Welt berichten:

Es begann ganz unauffällig mit einer simplen unpersönlichen Bewilligung meiner Anfrage, die ich von Michael erhielt - bzw. vom Borgwürfel 4218 (oder was davon noch übrig ist).

Mit einem etwas seltsamen Gefühl im Magen, öffnete ich den Durchgang zu den genannten Koordinaten. Von einem Schutzfeld umgeben betrat ich diese fremde Welt. - Und fand mich allein in einem Wirrwarr von Computern und Installationen wieder, von dem Borg keine Spur.

Lange Zeit irrte ich durch die Gänge und sah mich eigentlich nur um. Alles schien gleich auszusehen, funktionell und kalt. Dabei herrschte hier eine unangenehm hohe Temperatur.

Zwar hatte ich nicht erwartet, von Michael begrüßt zu werden, aber daß er gar nicht auftauchte, erschien mir dann später doch seltsam. Vorsichtig scannte ich die Umgebung, um ihn so aufzuspüren. - Er befand sich in einem der Alcoven und regenerierte seine Systeme. Und wie er so dastand, erinnerte er mehr an eine Maschine als an einen Menschen. War es wirklich sein eigener Wunsch hier zu leben - oder folgte er nur dem Empfinden, sich in seiner bisher gewohnten Umgebung aufzuhalten?

Wie es wohl sein mag, einem KOLLEKTIVEM BEWUSSTSEIN anzugehören??? Ist ein Teil dessen in diesem Schiffswrack erhalten geblieben?

Ich hatte viele Fragen, doch vorerst würde sie niemand beantworten können - vielleicht nicht einmal später...

Um mich etwas zu beschäftigen, durchschritt ich die Gänge und betrachtete die verschiedensten Installationen und Aggregate. Trotz der großen Beschädigungen waren Unmengen an Daten erhalten geblieben. Die technischen Komponenten interessierten mich nicht, vielmehr versuchte ich mir vorzustellen, WIE alles zusammenspielte. Zeit hatte ich genug, mehr als genug...

Am nächsten Tag lief mir dann Michael über den Weg. Ich was etwas überrascht, hatte ich ihn doch noch kurz zuvor in der Regenerierungsphase gesehen und eigentlich nicht damit gerechnet, daß er sobald aufwachte.

Nun, er stand also plötzlich vor mir und blickte mich wortlos an. Er wirkte unschlüssig und versuchte das Geschehen einzuordnen. Seine Gedanken waren nicht feindselig, vielmehr kreisten sie um Prioritäten der Sicherheit und der Möglichkeit, mich in seine Welt zu integrieren oder aber nicht weiter zu beachten...

Er erkannte mich und gleichzeitig doch nicht, zumindest hatte er nicht damit gerechnet, daß ich so ohne weiteres SEINE Welt betrete.

(Ich möchte mich hiermit bei ihm entschuldigen, daß ich so tief in seine Gedanken eindrang - ich empfand es als notwendig...)

Es folgte KEIN langes Gespräch zwischen uns, das war auch nicht notwendig. Aber wir klärten unsere Standpunkte, Anliegen und Bedürfnisse. Nach diesem kurzen Dialog wandte sich Michael wieder seiner Tätigkeit zu. Es gab jede Menge zu tun auf diesem seltsamen Schiff - es war kaum mehr als ein Trümmerstück und doch ein eigenständiges Schiff, das auf ein fernes Ziel zusteuerte.

Bereits am nächsten Tag widmete ich mich der Auswertung der Datenbanken - soweit ich Zugang bekam. Da mich die technischen Komponenten eigentlich nicht interessierten und Michael mir die Daten der kollektiven Ebenen nicht sperrte, gelang es mir etwas, mich in das Gruppenbewußtsein der Borg hineinzuversetzen. Mit Hilfe meiner eigenen Technologien versuchte ich diese Ebenen zu simulieren, um es direkter zu erfahren. Es war überwältigend und furchteinflößend zugleich - und das, obwohl es nur eine von der Realität weit entfernte Simulation war!!! Nur sehr schwer gelang es mir, mich diesem Einfluß zu entziehen...

Nein, ich will nicht behaupten, daß ich Michael nach diesem Experiment besser verstand. Es bestätigte nur die Notwendigkeit für mein Volk, sich von den Borg fern zu halten.

Um meinen Aufenthalt so zweckmäßig wie möglich zu gestalten, widmete ich mich den notwendigen Arbeiten an Bord des sich neu gestaltenden Borgschiffes. Michael konnte unmöglich alles ALLEIN schaffen. Meine Hilfe nahm er an - ohne Kommentar und ohne Dank - ich hatte nichts anderes erwartet...

Tage vergingen, ohne daß wir auch nur ein Wort miteinander wechselten. Lediglich ein Austausch von Informationen, Befehlen und Bestätigungen erfolgte über das weite Netz der Kommunikationsanlage. Die Technologien der Borg waren nicht schwer zu verstehen, was meinen Zugriff auf immer mehr Systeme erweiterte, da ich mit Reparaturarbeiten gut vorankam. Michael akzeptierte meine Tätigkeit an wichtigen Systemen aber immer erst, nachdem ich ihm zu verstehen gab, daß ich weiß, was ich da vor mir habe, das es technisch nichts neues für mich ist.

 

+++COM-LOG, 6.5. [ 20 ] +++ STARDATE 50309,8

Obwohl ich mich eigentlich nicht lange von meinem (vom Obersten Rat bestimmten) Aufenthaltsort im Delta-Quadranten entfernen wollte, blieb ich doch in dieser fremden Welt. Mag sein, daß das Verschwinden meiner Schwester der Grund war - oder aber nur die Tatsache, daß ich nicht wußte, was mit ihr geschehen sein konnte. Bei anderen Völkern, die von Vertretern meines Volkes besucht wurden, bestand zumindest immer eine Vorstellung vom Geschehen. Nur - die BORG waren uns niemals direkt erforscht worden. Wir beobachten zwar ihre Aktivitäten seit langer Zeit und sind besorgt über deren Ausweitung in immer entferntere Bereiche dieser Galaxis, doch sie zu stoppen steht und nicht zu. Das Gleiche allerdings müssen wir über die Bestrebungen des Dominions sagen!

Immer wieder entstehen Imperien, die einen gewaltige Machtverschiebung in einem einzelnen Quadranten zur Folge haben, manchmal überschneiden sich Grenzen, die eigentlich keine sind. Betroffen sind dann meist mehrere Spezies, die versuchen, ihre Eigenheiten zu bewahren oder manchmal sogar aufgeben - um überleben zu können...

Meine Gedanken schweifen ab zu den Geschehnissen, von denen meine neuen Bekannten im Alpha-Quadranten betroffen sind. Corin ist eine von ihnen - ich mache mir Sorgen um sie! Ihr Volk geht einen schweren Weg und wird dadurch von anderen gehaßt und verachtet. Selbst die Cardassianer sind sich nicht einig, was sie tun müssen. Ebenso geht es aber den Menschen, Klingonen und Romulanern. ALLE sind derzeit gezwungen ihr bisheriges Denken und Handel neu zu formen. Ein schwerer Weg, der zu einem neuen Anfang aber auch zum Ende führen kann!

Doch zurück zu meiner Reise auf das Borgschiff. - Da ich bisher unter anderen Bedingungen bei den verschiedensten Völkern weilte, versuchte ich natürlich das zu tun, was ich bisher gelernt und immer getan hatte: Anpassung.

Mehr aus einer Laune heraus versuchte ich mit Hilfe der Hologeneraturen mein Äußeres als Borg erscheinen zu lassen. Noch nie war mir mein Spiegelbild so fremd vorgekommen, die düstere Atmosphäre im Inneren des Schiffes verfremdete es zusätzlich. Rein organischen Spezies MUSS es einfach Furcht einflößen - zu fremd ist es, sich vorzustellen, in einer solchen Welt zu leben, biologisch-technisch verändert und einem kollektiven Bewußtsein unterworfen!

Schon nach wenigen Tagen betrachtete ich die düstere Umgebung schon mit anderen Augen. Sie hatte ihre anfängliche befremdliche und lebensfeindliche Erscheinung verloren.

Manchem von euch wird es wohl falsch vorkommen, daß Michael zu einem Volk zurückkehren möchte, das er eine HEIMAT nennt. Es ist alles, was er kennt - obwohl er vorher ein &bdquonormales&ldquo Leben hatte. Die Borg haben ihn geprägt und zu einem Teil des Kollektivs gemacht. Sicherlich geschah das gewaltsam, das möchte ich hier nicht beschönigen. Ihn davon zu lösen ist nicht einfach mit der Entfernung der Borgimplantate getan, zumal dieser Vorgang bei ihm zum Zeitpunkt seiner Flucht noch lange nicht abgeschlossen war...

Er gestattete mir seinen Körper zu scannen. Weiterhin befand sich eine andere Lebensform mit an Bord, besser gesagt, die biomechanische Rekonstruktion dieser Lebensform - furchteinflößend, instinktiv handelnd, stark. Die Informationen die ich dadurch erhielt, übersteigen den Inhalt der Föderationsdateien und somit kann und werde ich sie nicht weitergeben.

Die Technologie der Borg ist hoch entwickelt, da es ihnen immer wieder gelang unbekannte Technologien zu assimilieren und ihrem Standard anzupassen, was einige Fragen aufwirft: WANN, WO und WARUM begann das alles???

 

Doch auch die alten Fragen beschäftigen mich wieder. Fragen, die jene Borg betreffen, denen ein Androide namens Lore einst Hilfe anbot - sie aber nur für eigennützige Ziele mißbrauchte und fast ins Verderben gestürzt hatte.

Gern würde ich der Station einen Besuch abstatten, um auch diese Lebensweise der Borg zu erforschen. Aber ich habe leider keinerlei Koordinaten aus den öffentlichen Dateien der Enterprise entnehmen können.

WER KÖNNTE MIR DABEI HELFEN???

 

+++COM-LOG, 6.6. [ 20 ] +++ STARDATE 50313,6

Die Zeit verfliegt, erst heute - nach meiner Rückkehr vom Borgschiff - komme ich dazu, die eingetroffenen Nachrichten von Vid und den anderen zu beantworten. Irgendwie scheinen sie diesmal lange Zeit irgendwo unterwegs gewesen und unvollständig zu sein - vielleicht gibt es ja bald neue Überraschungen...

Vid, mein Freund (oder sollte ich Dich jetzt besser meine Freundin nennen? hehe), Du übertreibst wie immer. Wenn die anderen unsere Erlebnisse lesen, müssen sie ja glauben, daß wir uns den lieben langen Tag nur in der Galaxis herumtreiben! Das ist nun wirklich nicht der Fall - obwohl ich es mir recht amüsant vorstelle. Aber auf die Dauer wäre es nichts für mich, wirklich nicht...

Noch einen weiteren Punkt möchte ich für die anderen in dieser Runde ansprechen. Ich bin NICHT in der Lage durch die Zeit zu reisen, so wie Vid es dauernd zu tun scheint. Lediglich der Übergang von meiner Welt zu dieser ist mit einem unregelmäßigem Rückwärtssprung verbunden. Da wir Erfahrung Suchenden ständig andere Völker besuchen, normalerweise keinen Ort mehrmals aufsuchen, spielte es niemals eine Rolle. Nun habe ich aber zufällig ungewöhnliche Leute, zu denen ich weiterhin Kontakt halten möchte, kennengelernt. Jetzt wird dieser Zeitsprung sichtbar, d.h. ich muß Vorkehrungen treffen, damit sich die Zeiten nicht überschneiden. Einfach ist das nicht, wenn man von den Geschehnissen so mitgerissen wird.

Danke für Dein Mitgefühl, ich nehme es gerne an. Nein, ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Am Ende dieser Reise, dem Zeitpunkt der Rückkehr in meine Heimatwelt, werde ich Gewißheit haben! Eigentlich mache ich mir weniger Sorgen darum, ob sie noch am Leben ist oder nicht. Vielmehr beunruhigt mich die Vorstellung, daß die Borg Einblicke in unsere Techniken erlangt haben könnten. Das mag nicht sehr familiär klingen, aber wir Reisenden sind darauf vorbereitet worden, von einer Reise NICHT zurückzukehren oder aber SELBST unser Leben zu beenden, falls die Situation es erfordern sollte.

Es kam in der Vergangenheit öfters vor, daß ein Reisender NICHT zurückkam, selbst MIR passierte es einmal. Daß ich dennoch hier bin, verdanke ich ausschließlich unserer Technik, die mich NEU geschaffen hat! Das Geschehnis fand während meiner 5. Reise statt, von der ich, wie schon gesagt, nicht zurückkehrte. Es gibt keinerlei Informationen was passierte, als ich bei einem fernen Volk mit dem Namen Xe'quan weilte. Nachforschungen werden in solch einem Fall niemals gemacht. Man schuf meinen Körper und meine Persönlichkeit neu. - Zu diesem Zweck werden alle Daten eines Reisenden VOR Antritt jeder Reise gespeichert und aufbewahrt. Und so erwachte ich eines Tages im Speziallabor unserer Kaste und war überzeugt nach dem scannen meine 5. Reise anzutreten, denn das entsprach genau den gespeicherten Informationen. Es dauerte eine Weile, mich davon zu überzeugen, daß ich gerade von dieser Reise NICHT zurückgekehrt und soeben rekonstruiert worden war! Mein wirklicher Körper starb als Xe'quan und blieb auf jenem fernen Planeten zurück...

Torana wird also entweder zu ihrer Familie zurückkehren oder aber neu geschaffen werden. Sie wird dann die gleiche Person sein wie VOR Antritt ihrer 2. Reise.

Meine Worte mögen jetzt kalt klingen und im Widerspruch zu dem stehen, was ich bisher schrieb. Aber ich bin ehrlich besorgt darum, was mit meiner Schwester passiert ist. Von meiner Ausbildung her weiß ich, wie hart es ist, zur Selbsttötung gezwungen zu werden - es selbst zu entscheiden. Diese Situationen waren stets aussichtslos und mit großen Schmerzen verbunden. KEINE noch so gute Simulation (oder aber das Wissen, daß es nur eine Simulation ist) erleichtert diese Entscheidung. Es ist auch kein Trost zu wissen, daß man wieder erschaffen wird...

Torana ist erst auf der zweiten Reise, sie hat noch nicht die notwendige Erfahrung, um mit dem Tod umzugehen, so wie erfahrene Reisende es tun. Allein das Wissen, rekonstruiert worden zu sein, könnte also ihre gesamte Persönlichkeit verändern oder aber ihre Entwicklung zum Förderer verhindern!

Vid, ich weiß nicht, ob Du Dir das alles wirklich vorstellen kannst. Aber es ist schwerer als es erscheinen mag. Wir sind nicht einfach unsterblich und gehen dadurch leichtfertig mit unserem Leben um. Es hat tiefgreifende Folgen, zu begreifen, was geschehen ist, DASS es geschehen ist. Es ist nicht einfach damit getan zu denken: Nun gut, mache ich eben diese Reise erneut...

Aber so einfach ist das nicht und auch nicht immer wird ein Vermißter wiedererschaffen. Die Genehmigung obliegt der Familie ODER beim Reisenden persönlich. Ich hatte eingewilligt habe und meine Meinung diesbezüglich auch nicht geändert. Torana hatte darüber nur gelächelt und eine endgültige persönliche Verfügung weit von sich geschoben. Der Kodex der Kaste verlangt lediglich eine formelle Einwilligung. Wie sich herausstellte, ist das oftmals wirklich nur eine Formalität, fern jeglicher Vorstellungskraft und somit in ihrer Tragweite nicht erkannt.

Es gibt sie, jene Reisenden, denen es egal ist, was unterwegs passiert, die leichtsinnig mit ihrem Leben, das so unendlich scheint, umgehen. Aber sie sind die Ausnahme. Ebenso ist eine NICHT ausgeführte Wiedererschaffung die Ausnahme. Jeder darf selber entscheiden, ob oder ob nicht.

Andererseits gab es auch hier Fälle, in denen die Familie diesen Wunsch nicht respektierte und darauf bestand.

Es gibt offensichtlich keine leichte Lösung für diese schwere Entscheidung.

Unsere Philosophen streiten seit Jahrtausenden darüber und es sieht nicht so aus, als ob sie jemals zu einer befriedigenden Meinung kommen werden...

Aber das Leben geht weiter, besser oder schlechter, es schwächt oder stärkt die Einzelnen und die Gemeinschaft.

Wir alle lernen. - Ich habe durch die Geschehnisse viel über die Borg gelernt. Nein, ich betrachte sie nicht als die absoluten Feinde des Universums, die es zu vernichten gilt. Es gibt grausamere Gegner, gewissenlosere, rücksichtslosere. Und diese werden angetrieben von etwas, was man den Borg vorwirft NICHT zu haben - EMOTIONEN!

 

+++COM-LOG, 6.7. [ 20 ] +++ STARDATE 50322,6

Meine Zeit hier verbringe ich jetzt wieder nach "Vorschrift". Ich habe hier eine Aufgabe zu erfüllen, ich möchte den Rat nicht dadurch enttäuschen, daß ich lediglich oberflächliche Informationen mitbringe.

Also trage ich jetzt wieder die handgewebte Kleidung eines einfachen Volkes, lebe mit ihm und erfahre die speziellen Eigenheiten dieser Gemeinschaft.

 

Falls die Frage auftaucht, warum wir Erfahrung Suchenden nur Spezies auf niedrigen Entwicklungsstufen besuchen und keine hochentwickelten, möchte ich hinzufügen: WIR TUN AUCH DAS!

Ich möchte mich hiermit zurückziehen und meinen wieder Aufgaben widmen.

 

Matano